Am 27.01.2024 wurde in Roetgen eine Stolperschwelle vor dem Rathaus und Stolpersteine vor dem ehemaligen Kloster und am Fuße der Talsperre verlegt.
Auf die Berichterstattung in der WDR-Lokalzeit am Samstag wird hingewiesen: https://www1.wdr.de/lokalzeit/fernsehen/lokalzeit-am-samstag/stolpersteinverlegung-in-roetgen-100.html
Bürgermeister Jorma Klauss hielt anlässlich der Abendveranstaltung zur Stolpersteinverlegung nachfolgende Ansprache:
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr herzlich darf ich Sie hier in unserem Bürgersaal der Gemeinde Roetgen begrüßen.
Wir haben heute erstmalig in Roetgen Stolpersteine verlegt. Die Initiative für die heutige Verlegung von Stolpersteinen wurde von unserer Mitbürgerin Katharina Franke ergriffen.
Vielen Dank, liebe Katharina, dass Du diese Initiative ergriffen hast. Und vielen Dank außerdem für die gute Zusammenarbeit bei den Planungen und Vorbereitungen des heutigen Tages.
Wir gedenken mit der heute verlegten Stolperschwelle und den Stolpersteinen am Kloster und am Fuße der Talsperre an die Opfer der Zwangsarbeit in Roetgen. Zwangsarbeiter gab es in kleineren und größeren Lagern, z. B. am Bahnhof und an der Talsperre. Zwangsarbeiter waren aber auch fast allen Höfen in der Region zugewiesen und verrichteten dort die Arbeit, zu der sie gezwungen wurden. Insofern hatte fast jede Familie in der Region Kontakt mit Zwangsarbeitern und profitierte von der Zwangsarbeit.
Als wir uns für den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus als Tag für die Verlegung der Stolpersteine entschieden hatten, war uns nicht bewusst, dass zwischenzeitlich Pläne aus dem ganz rechten Spektrum der politischen Landschaft bekannt werden, die zum Inhalt haben, Menschen mit Migrationshintergrund aus unserem Land zu vertreiben. Es ist unfassbar und außerdem geschichtsvergessen, dass eine relevante Zahl von Deutschen, diesen politischen Akteuren weiterhin folgt.
Was ist das nächste? Sollen diese Menschen eingesperrt werden, wenn sich kein Vertreibungsziel findet? Oder sollen sie vernichtet werden? Wer ist die nächste Opfergruppe, wenn das mit der Entledigung von ungewünschten Menschen gut funktioniert? Sexuell anders orientierte? Menschen mit besonderer Geschlechtszuordnung? Was ist mit Menschen mit Behinderung? Und was passiert mit Menschen, die einer religiösen Minderheit angehören?
Vielleicht geht es dann insgesamt um Menschen, die andere Meinungen vertreten – vielleicht solche, denen Demokratie und Freiheit wichtig sind, die für eine offene und tolerante Gesellschaft einstehen.
Wir hatten das schon in Deutschland! Das war die Generation unserer Groß- oder Urgroßeltern.
Es ist gut, dass sich viele Menschen in unserem Land berufen fühlen, gegen diese menschenverachtenden Pläne und gegen den grassierenden Rassismus in unserem Land aufzubegehren und dagegen zu demonstrieren. Sie wollen dem ebenfalls grassierenden Populismus und den immer rücksichtsloser werdenden Fake-News-Kampagnen nicht mehr auf den Leim gehen.
Wir konnten nicht ahnen, dass unsere heutige Stolpersteinverlegung in diesem Kontext stattfindet. Der Kontext ist aber genau richtig.
Die Verlegung von Stolpersteinen erfolgt „Gegen das Vergessen“. Und es ist leider offensichtlich, dass die dunkle und verabscheuungswürdige Vergangenheit unseres Landes zu sehr in Vergessenheit gerät.
Ich darf ein Zitat des Nachrichtenoffiziers Padover wiedergeben, der 1945 unzählige Interviews und Gespräche mit Roetgener Bürgern geführt hatte: „Erst die nachwachsende Generation von Deutschen kann den Neubeginn schaffen. Man muss hoffen und beten, dass es ihnen gelingt.“.
Diese Hoffnung bleibt.
Wir müssen gemeinsam fortwährend daran arbeiten.
Einer der Menschen aus unserer Region, der sich erkennbar und mit starken Worten immer wieder gegen rechts und gegen das Vergessen ausgesprochen hat, ist der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung und Präsident des Europäischen Parlaments a. D. Martin Schulz. Lieber Martin, vielen Dank, dass Du heute hier bist und gleich zu uns sprechen wirst.
Ebenfalls begrüßen möchte ich Gunter Demnig. Herr Demnig ist Künstler und Urheber der Idee, Stolpersteine in dieser Form zu verlegen. Er hat seit dem Beginn 1996 bereits in über 1.200 Kommunen Stolpersteine verlegt. Laut Wikipedia sind es inzwischen 100.000 Steine in 31 Staaten Europas. Es handelt sich somit um das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Lieber Herr Demnig, schön dass Sie da sind. Vielen Dank, dass Sie Roetgen zum Teil dieses Mahnmals werden lassen. Und vielen Dank, dass Sie uns nachher über Ihr Projekt berichten werden.
Meine Damen und Herren, ich wünsche uns einen interessanten Abend. Vielen Dank, dass Sie alle hier sind.
Gegen das Vergessen.
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