Gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden -Ordnungsbehördengesetz (OBG)- in Verbindung mit § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) erlässt der Bürgermeister der Gemeinde Roetgen für Altweiberfastnacht / Fettdonnerstag 2020 folgende
Allgemeinverfügung
Das Mitführen und die Benutzung von Glasbehältnissen ist innerhalb der unter Ziffer 3 beschriebenen Fläche in dem unter Ziffer 2 genannten Zeitraum untersagt. Glasbehältnisse sind alle Behältnisse, die aus Glas hergestellt sind, wie zum Beispiel Flaschen und Gläser. Von diesem Verbot ausgenommen ist das Mitführen von Glasbehältnissen durch Getränkelieferanten und Personen, welche diese offensichtlich und ausschließlich zur unmittelbaren Mitnahme zur häuslichen Verwendung erworben haben.
Das Verbot gilt in dem unter Ziffer 3 genannten Bereich für: Altweiberfastnacht / Fettdonnerstag Donnerstag, 20.02.2020, von 08.00 Uhr bis Freitag, 21.02.2020, 08.00 Uhr.
Das Mitführungs- und Benutzungsverbot nach Ziffer 1 gilt in dem wie folgt umgrenzten Bereich des Neumarkers Weges und der Hauptstraße ab Einmündung Rosentalstraße bis Einmündung Lammerskreuzstraße einschließlich des Marktplatzes. Der räumliche Geltungsbereich ist der beigefügten Karte zu entnehmen. Die Karte ist Bestandteil der Allgemeinverfügung.
Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet. Eine etwa eingelegte Klage hat daher keine aufschiebende Wirkung.
Hiermit drohe ich für den Fall des Mitführens oder Benutzens eines Glasbehältnisses innerhalb des zeitlichen und räumlichen Geltungsbereiches dieser Allgemeinverfügung das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs in Form der Wegnahme des mitgeführten Glasbehältnisses bzw. der mitgeführten Glasbehältnisse an.
Diese Verfügung wird gemäß § 41 Absatz 3 und 4 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) öffentlich bekannt gemacht und gilt mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Begründung:
Seit vielen Jahren wird von Teilen der Roetgener Bevölkerung sowie Besuchern aus benachbarten Kommunen, insbesondere im und am Festzelt auf dem Wervicq-Platz, der Höhepunkt des Straßenkarnevals gefeiert.
Besonders der auch erweiterte Bereich um das Festzelt hat sich nach den Feststellungen der Polizei, Ordnungsamt und Rettungsdienst als Hauptanziehungspunkt für die zumeist jugendlichen Feiernden des Festzeltes herausgestellt.
Dabei werden im öffentlichen Straßenraum, insbesondere auch im erweiterten Umfeld des Festzeltes, regelmäßig Getränke konsumiert. Die Getränke befinden sich überwiegend in Glasbehältnissen und werden nicht nur in den umliegenden Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben oder über den Ausschank im Festzelt vor Ort gekauft, sondern von den Feiernden vielfach mitgebracht. In den letzten beiden Jahren wurde festgestellt, dass eine ordnungsgemäße Entsorgung der Getränkebehältnisse häufig unterbleibt.
Ein sehr hoher Anteil der Flaschen wurde achtlos auf den Boden geworfen oder abgestellt, wo sie durch die Feiernden – versehentlich oder absichtlich – weggetreten wurden und zersplitterten.
Der vermehrte Alkoholgenuss steigert zudem bei diesen Veranstaltungen erfahrungsgemäß die Gewaltbereitschaft der Besucher und Besucherinnen, mit der Folge möglicher, erheblicher Verletzungen bei den Betroffenen und Unbeteiligten.
Abgeschlagene Flaschen oder andere Glasgegenstände können bei körperlichen Auseinandersetzungen als gefährliche Waffen eingesetzt werden; die Glasscherben und Glassplitter verursachen beim Hineintreten oder Hineinfallen – mitunter lebensbedrohende – Verletzungen. Unbeteiligte Personen erleiden vermeidbare Verletzungen.
Die Erfahrungen der Jahre 2016 und 2017 haben gezeigt, dass die bestehenden intensiven Maßnahmen selbst in enger Zusammenarbeit mit dem Veranstalter, dem Ausschankbetreiber und verschiedener Behörden nicht ausreichen, um die gegenwärtigen erheblichen Gefahren durch Gläser, Glasflaschen und Scherben zu verhindern.
Zu 1. Gemäß §§ 1, 3, 4 und 5 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden – Ordnungsbehördengesetz (OBG) – bin ich die für die getroffene Anordnung zuständige Behörde. Nach § 14 Absatz 1 Ordnungsbehördengesetz können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Eine derartige Gefahr besteht darin, dass bei ungehindertem Ablauf des Geschehens sicher damit zu rechnen ist, dass die Besucher der Karnevalsveranstaltung in dem von dieser Verfügung betroffenen Bereich Getränke in Glasbehältnissen zum und in das Festzelt mitbringen und dort konsumieren werden, und dass sie die Glasbehältnisse anschließend nicht ordnungsgemäß entsorgen werden, sondern so auf die öffentliche Verkehrsfläche stellen bzw. werfen, dass die Behältnisse nachfolgend zerstört werden mit der Folge, dass anschließend Besucher über die Scherben stolpern und/oder sich bei sonstigen Stürzen an den Scherben verletzen werden.
Aufgrund der großen Mengen ist auch damit zu rechnen, dass Scherben durch das Schuhwerk dringen und Verletzungen der Feiernden verursachen. Von den Glasflaschen und Gläsern geht zudem eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit aus, wenn diese missbräuchlich als Wurf- und Stichwaffen gegen Menschen eingesetzt werden. Die Allgemeinverfügung richtet sich an alle Personen, die sich in dem unter Ziffer 3 genannten Bereich aufhalten und Glasbehältnisse mit sich führen bzw. diese benutzen. Das Mitführ- und Benutzungsverbot von Glasbehältnissen soll sicherstellen, dass Glasbehältnisse erst gar nicht in den unter Ziffer 3 genannten Bereich gelangen. Dadurch soll eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abgewendet werden.
Das Verbot ist geeignet, um Gefahren für die Feiernden, Einsatzkräfte und unbeteiligte Dritte durch Flaschen, Gläser und Glasscherben in dem zu Altweiberdonnerstag stark frequentierten Bereich um das Festzelt abzuwehren und somit einen Beitrag zu ihrer körperlichen Unversehrtheit zu leisten.
Ein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zweckes besteht nicht. Aufklärungsmaßnahmen gegenüber den Besuchern und die Erweiterung der Entsorgungsmöglichkeiten führen nach einvernehmlicher Beurteilung von Polizei und Ordnungsamt bei den häufig alkoholisierten Besuchern nicht zum Erfolg. Auch die Aussprache von Platzverweisen in Einzelfällen führt nicht zur Beseitigung der Gefahr, da bei der hohen Besucherzahl naturgemäß nur ein kleiner Bruchteil der aktiv ordnungswidrig handelnden Personen festgestellt und entsprechend sanktioniert werden kann und überdies auch in diesen Fällen die bereits verursachten Scherben nicht mehr kurzfristig entfernt werden können.
Die Voraussetzungen des § 19 OBG für die Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen sind gegeben, weil es um die Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für hohe Rechtsgüter der Beteiligten geht. Eine Beschränkung der Maßnahmen auf die ordnungswidrig handelnden Personen verspricht aufgrund der hohen Fallzahlen keinen Erfolg.
Eine sofortige Entsorgung der Flaschen, Gläser und Scherben durch dafür eingesetztes eigenes Personal ist aufgrund des hohen Besucheraufkommens nicht realisierbar. Für die in Anspruch genommenen Personen ergeben sich aus dem Mitführungs- und Benutzungsverbot keine eigene Gefährdung und keine Verletzung höherwertiger Pflichten. In räumlicher und zeitlicher Hinsicht ist die Maßnahme auf das erforderliche Maß beschränkt.
Das Verbot ist, insbesondere unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 15 OBG), auch angemessen. Das Verbot der Benutzung und Mitführung von Glasbehältnissen in dem unter Ziffer 2 und 3 bezeichneten zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich stellt zwar grundsätzlich eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit dar. Die Beeinträchtigung ist jedoch geringfügig, weil die Möglichkeit verbleibt, Getränke etc. in alternativen Behältnissen (z. B. aus Kunststoff) mitzuführen und zu konsumieren. Die Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der Jugend bleiben hiervon unberührt.
Ausgenommen von dem unter Ziffer 1 angeordneten Mitführungsverbot von Glasbehältnissen sind lediglich Getränkelieferanten und Personen, welche diese offensichtlich und ausschließlich zur unmittelbaren Mitnahme zur häuslichen Verwendung erworben haben.
Für Getränkelieferanten und angrenzende Bewohner des räumlichen Geltungsbereiches besteht somit weiterhin die Möglichkeit, Getränke für den Ausschank innerhalb des Bereiches nach Ziffer 3 anzuliefern bzw. mit nach Hause zu nehmen. Bei diesem Personenkreis ist eine kurzfristige ordnungswidrige Entsorgung leerer Behältnisse im Straßenraum nicht anzunehmen. Der Verkauf von Getränken in Glasbehältnissen zum Konsum innerhalb des Bereiches nach Ziffer 3 wird dem Verantwortlichen für das Festzelt sowie dem Verantwortlichen für den Ausschank innerhalb der Veranstaltungsfläche, der üblicherweise Glasflaschen etc. verkauft, mit separaten Ordnungsverfügungen entsprechend untersagt.
Zu 2. Der zeitliche Geltungsbereich wurde aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre 2016 und 2017 festgelegt. An dem aufgeführten Tag ist das Besucheraufkommen in dem unter Ziffer 3 genannten Bereich am Höchsten und damit auch das Risiko, durch Flaschen, Glas und Glasscherben verletzt zu werden.
Zu 3. Die Festlegung des räumlichen Geltungsbereiches erfolgte unter Berücksichtigung der bisher gewonnenen Erkenntnisse der Ordnungs- und Sicherheitsbehörden. Dieser Bereich war in den benannten Vorjahren erheblich von herumliegenden Glasbruch und Scherben betroffen. Der räumliche Geltungsbereich wurde auf diesen besonders gefährdeten Bereich beschränkt.
Zu 4. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung meiner Verfügung zu Ziffer 1 ist gemäß § 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im öffentlichen Interesse geboten. Ein gegen diese Verfügung eingelegter Rechtsbehelf entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung. Angesichts der drohenden Gefahr für die geschützten Rechtsgüter, die von nicht ordnungsgemäß entsorgten Glasbehältnissen innerhalb des Bereiches zu Ziffer 3 ausgeht, kann der Ausgang eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden. Das private Interesse an der Nutzung von Glasbehältnissen im öffentlichen Bereich muss für den zeitlich und örtlich begrenzten Geltungsbereich den bedeutenden Schutzgütern gegenüber zurückstehen. Dem Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt mit Blick auf die schützenswerten Rechtsgüter, insbesondere die körperliche Unversehrtheit, eine nachrangige Bedeutung zu.
Zu 5. Die Androhung von Zwangsmitteln erfolgt auf der Grundlage der §§ 55, 58, 62 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – VwVG NRW. Vorliegend wird gemäß § 62 VwVG NRW das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwanges angedroht. Gem. § 58 Absatz 3 VwVG NRW darf der unmittelbare Zwang nur angewendet werden, wenn andere Zwangsmittel nicht zum Ziel führen oder untunlich sind.
Zweck des Mitführungs- und Benutzungsverbotes ist es, den räumlichen Geltungsbereich von Glasgefäßen frei zu halten, um die oben beschriebenen Gefahren zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund muss auch ein Zwangsmittel angedroht werden, das zum sofortigen Erfolg führt und wirksam verhindert, dass Glas in den Bereich gelangt und dort benutzt wird. Da weder durch die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes die sofortige Beseitigung der Gefahr erreicht werden kann und zudem auch ein angemessenes Zwangsgeld den Wert des Inhalts eines Glasbehältnisses im Regelfall übersteigen dürfte, ist die Anwendung des unmittelbaren Zwangs auch das mildeste geeignete Mittel und damit verhältnismäßig. Eine dieser Maßnahme vorgeschaltete Aufforderung, sich mit dem mitgeführten Glasbehältnis aus der Verbotszone zu entfernen, ist ungeeignet und untunlich, da die Befolgung dieser Aufforderung faktisch nur mit einem sehr hohen Zeitaufwand zu kontrollieren wäre, und die Bindung der Einsatzkräfte von Ordnungsamt oder Polizei an einen einzelnen „Fall“ insgesamt die Effektivität der ordnungsbehördlichen Kontrollen erheblich gefährden würde
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe beim Verwaltungsgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen Klage erhoben werden. Die Klage ist schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Aachen zu erklären. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, die angefochtene Verfügung soll in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden.
Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Dir für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).
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